Carolee Schneemann
Carolee Schneemanns Einfluss ist legendär, ihre Arbeiten durchdringen das kollektive Imaginäre der Kunstgeschichte. Schneemann richtete ihre volle Aufmerksamkeit auf den Körper, traf die mutige Entscheidung, das Körperwissen genauso ernst zu nehmen wie das Geistwissen. Ihre radikale Selbstbehauptung brachte in den 1960/70er Jahren die Gemüter von Second-Wave-Feministinnen und der weissen männlichen Kunstelite gleichermassen in Wallung. Jonas Mekas aber merkte: Mit ihren Filme können wir unsere gesellschaftlich erzeugte Taubheit durchbrechen: «Praise the artist: for giving us EYES, EAR, TOUCH.» Seit sie als Kind durchs Schlüsselloch lugte, forscht Carolee Schneemann da, wo man nicht hinschauen soll, da wo verboten, verfälscht, verdeckt, verneint wird. So entstehen ein Vulva-Bildarchiv oder eine jahrelange Bildsammlung zum Vietnamkrieg. Das braucht alles Zeit, erklärt Carolee Schneemann. Sie arbeite nicht programmatisch, eins führt zum nächsten, der Ausgang ist unbestimmt, die Bewegung indirekt. Doch der Muskulatur ist zu trauen und auch den Träumen. Ausserdem brauche sie zum Arbeiten «a magic cat and a boyfriend». Natürlich auch Geld, doch damit wurde sie nie überhäuft. Die Katzen, mit denen sie intensive Beziehungen führt, sind für sie Mittlerinnen zur Traumwelt. Manchmal trifft sie eine kissing cat, die sie jeden Morgen mit einem Kuss weckt. Ein normaler Arbeitstag von Carolee Schneemann sieht vielleicht so aus: Ein Sprung in den Teich, der Anruf beim Augenarzt (ein Termin für die Katze), Telefonieren mit der Galerie, zwischendurch ins Atelier - alles läuft gleichzeitig: ein normaler Tag eben.
