For ever Godard!
Jean-Luc Godard, wer kennt diesen Namen nicht? - Kult für die einen, ein kryptisches enfant terrible für die anderen. «Ich versuche die Welt zu verändern. Oui.» Für Godard gibt es keinen Unterschied zwischen Leben und Kino, deshalb sind seine Filme so überraschend, so unkonventionell und so fordernd wie das Leben selbst. Sie wollen nicht einfach angesehen werden; sie wollen bejubelt, erlitten und erlebt werden. Voll gespickt mit Zitaten aus Philosophie und Literatur, komplexen Soundtracks und meisterhaften Bildkompositionen verführen uns Godards Werke in eine Welt, die ohne seine Kamera unsichtbar bliebe.
Histoire(s) du cinéma - the complete series (1988-1998)
Fr 31.05. 21:30h Festivalzentrum
Wie die Geschichte des Kinos denken? Wie Filmgeschichte(n) schreiben? Was ist Kino, was will es, was kann es? Unablässig hat sich Jean-Luc Godard mit diesen Fragen beschäftigt – ausgehend von der Überzeugung, dass «eine wahre Geschichte des Kinos» nicht zu schreiben, sondern nur vom Kino selbst zu erzählen sei mit seinen ureigensten Mitteln: Bildern und Tönen in Gestalt von Filmen. Durch seine filmischen Interventionen hat Godard nicht nur das Gesicht des Kinos verändert, sondern – indem er sich für das kinematografische Unbewusste interessierte – dem Kino auch ein Bewusstsein seiner selbst gegeben, das für den Übergang in die Bild- und Medienkultur des 21. Jahrhunderts unerlässlich war (Arsenal, Berlin). Für Godard erschafft Film Geschichte aus eigener Kraft. Film hat gewissermassen als das «Unbewusste der Kultur» die Geschichte und das Gedächtnis des 20. Jahrhunderts verändert. Mit der Montage (für Godard die einzige grossartige Erfindung des Kinos) ist es möglich, Filmgeschichten mit der Geschichte zu verbinden und daraus eine neue Art des filmischen Denkens in Bildern zu erschaffen.
«Montage ist Bezug und der Bezug ist da, ehe sich die Einstellung bildet, der eine andere sich anschliesst. Sie ist Vergleich, nicht Gleichung zwischen Dingen. Die Koexistenz der Geschehnisse muss vor Augen geführt werden, (...) die Gleichzeitigkeit, die im Entstehen begriffen ist und von den Bildern mitgeschaffen wird.» (Frieda Grafe) Der unbändige Reichtum an kreativen Kombination von möglichen Kinogeschichte(n), überraschenden Kommentaren und Tonspuren, macht Histoire(s) du cinéma zu einem überwältigenden, sinnlichen und intellektuellem Erlebnis. Histoire(s) du cinéma ist Godards legendäres, aber kaum gezeigtes Magnus Opus.
Ursprünglich für das französische Fernsehen produziert, wurden nur die ersten beiden Teile tatsächlich ausgestrahlt, die weiteren Teile hatten ihre Aufführungen an Festivals. Fast nie wird die ganze Serie aufgeführt.